Die Weinpresse des Restaurants Blume im Keller des Kornhauses. Dort befindet sich heute die Bar des Theaters ThiK.
Seit vielen Jahren ist der Weinbau eine Tradition in der Blume. Franz und Mathilde Borsinger-Müller servierten Wein aus eigenem Anbau. Heute stammt das Eigengewächs «Ammonit» aus Wettingen. Dort besitzen Silvio und Patrik Erne drei Parzellen Rebberg.
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Bereits im Kindes- und Jugenalter halfen Silvio und Patrik Erne in den Reben mit. Später konnten sie von ihren Eltern die drei Parzellen Reben in Wettingen übernehmen. Seit einiger Zeit sind sie verpachtet. Patrik Erne kümmert sich weiterhin um die Wiesenpflege im Mätteli. Am traditionnellen Räbhüsli-Sonntig in Wettingen führen Ernes jeweils ein eigens Beizli: die Blueme-Laube. Das wohl am schönsten gelegene Räbhüsli in ganz Wettingen – ganz oben im Rebberg, inklusive Teich mit Goldfischen und Wiese für die Kinder.
Den Anbau von Reben und die Weinkultur haben wir den Römern zu verdanken, welche um die Zeitenwende Anbaumethoden und Pflanzen nach Norden brachten. Der antike Wein unterschied sich aber deutlich von unseren Weinen von heute. Er war dickflüssiger und alkoholhaltiger, meistens wurde er mit Wasser verdünnt und als Hauptgetränk getrunken, übrigens auch zum Frühstück.
Im Mittelalter stand der Weinbau in enger Beziehung zu den Klöstern, so auch im 1227 gegründeten Kloster Wettingen. Ein angeblich von den Wettinger Zisterziensern überlieferter Spruch drückt dies so aus: «Die Klosterherren ze Wettingen, sie tranken gerne settigen.»
Der Weinhandel wurde im Spätmittelalter wichtiger und führte der Gemeinschaft Einnahmen zu, dank Abgaben wie Zinsen und Zehnt sowie dem Weinungeld, eine Art Alkoholsteuer. Meist reiche Stadtbürger investierten in neue Reben, vor allem an den südexponierten Hängen der See- und Flussufer.
Weinberge sind in Baden seit 1300 bezeugt, im 14. und 15. Jahrhundert wurden Reben am Schlossberg, der Limmathalde, der Lägern und am Geisberg angelegt. Die Tendenz zu mehr Weinbergen war ein kantonsweite, ja schweizweite: Bis um 1800 trug fast jedes Dorf zur steigenden Weinproduktion bei, was sich in der Vielzahl erwähnter und erhaltener Trotten wiederspiegelt. Der Aargau war ein richtiggehender Weinkanton, wie es in der Festschrift der aargauischen landwirtschaftlichen Gesellschaft aus dem Jahr 1911 heisst:
«Man mag von Ost oder West, von Nord oder Süd in unsern schönen und fruchtbaren Aargau eintreten, überall begegnet man der Weinrebe. Und es darf wohl angenommen werden, dass der Weinbau in unsern Tälern ebensoalt ist wie in andern Gebieten der Schweiz; schon im 8. und 9. Jahrhundert mögen da und dort Weinberge bestanden haben. Denn Klöster, geistliche Ritterorden, begüterte Adelsgeschlechter förderten überall, wo die Verhältnisse es gestatten, die sorgfältige Pflege und Verbreitung der Weinkultur.»
Der Wein war stets eines der verbindenden Elemente Badens und Ennetbaden. Bis ins 19. Jahrhundert war der Weinbau die Haupterwerbsquelle der Ennetbadener. In den Reben am Geissberg und an der Goldwand wuchs seit dem Mittelalterder Stadtwein, den Einheimische und Gäste von Baden tranken. Die Wirte in den Bädern durften damals nur ihre eigenen Badegäste versorgen. Ausserhalb ihrer Häuser Wein auszuschenken, war ihnen streng verboten. Wein war denn auch neben den Bädern eine der wichtigsten Einkommensquellen der Stadt. Im 17. Jahrhundert werden sechs Trotten erwähnt.
Um 1900 kamen die Reblaus und Pilze wie Mehltau immer mehr auf. Die Folge davon waren Missernten und mit der kontinuierlichen Zunahme der Bevölkerung und Vergrösserung der Siedlungsfläche eine sukzessive Abnahme der Rebberge. Ein Wandel, der sich nach dem Zweiten Weltkrieg beschleunigte und sich auch in der Veränderung des Wettinger Wappens widerspiegelte. Bis 1957 war dort noch ein Weinstock abgebildet.
«Gleichzeitig gerieten die Weine als Folge des zunehmenden Handels durch billigere und oftmals alkoholreichere ausländische Produkte immer mehr unter Druck. Der nach dem Zweiten Weltkrieg einsetzende Bauboom führte ausserdem dazu, dass manch schöner Rebberg an sonniger Südlage einem schmucken Einfamilienhaus weichen musste. So verschwand der Rebbau in vielen Gebieten fast völlig. Mit dem Rückgang der Rebfläche auf 260 ha wurde 1963 der Tiefpunkt erreicht.»
Jahrzehntelang bauten die Borsingers selbst Wein an. Ab und zu erzählt Mathilde Borsinger-Müller in ihrem Sylvesterbuch von spätem Frost oder sonstigen Wetterereignissen, welche sich negativ auf die Ernte auswirkten. So vernichtete 1909 ein Erdrutsch am Schartenfels die Weinernte grösstenteils. (siehe auch die Abbildung eines Zeitungsartikel dazu unter weitere Bilder)
«Im Kanton Aargau werden rund 400 Hektaren Reben angebaut. Damit ist der Kanton Aargau der viertgrösste Weinbaukanton in der Deutschschweiz nach Zürich, Schaffhausen und Graubünden. Die Rebfläche der Schweiz beträgt rund 15‘000 Hektaren. (..) Die topographische Vielfalt, die unterschiedlichen Bodenverhältnisse entlang von Flüssen und Seen oder an den Jurahängen sowie die mikroklimatischen Gegebenheiten führen dazu, dass der Weinbau im Aargau vor allem aufgrund seiner Vielfalt den Anspruch erheben kann, in der Deutschschweiz einzigartig zu sein. Heute ist der Kanton Aargau im Vergleich zur restlichen Schweiz (vor allem zur Westschweiz) ein kleiner Akteur, vermag aber stets durch Kreativität, Ideenreichtum und vielfältige Weine aufzutrumpfen und zu begeistern.»
Wettingerweine: Link
Weinbau in Wettingen: Wikipedia
Aargauer Zeitung, 30. April 2019: Der Rebberg von Baden, pdf
Weinbaumuseum: Link
Deppeler, Fabienne: Studie zur Reblaus im Aargau, Universität Bern, pdf.
Brugger, Hans: Geschichte der aargauischen Landwirtschaft seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Eine Darstellung nach der landwirtschaftlichen Statistik. Brugg 1948.
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